ARGE Kulturelle Dynamiken: Symposium „Hybridisierung“
21.11.2016 - 22.11.2016
Im Zeitalter von Internet und Globalisierung erscheinen Grenzen immer mehr als überlebte, Menschen und Ideen einschränkende Barrieren. Wir beobachten sowohl das Verschwinden von Grenzen zwischen den Menschen und zwischen Territorien als auch den Einbruch von Grenzen, die Mensch und Maschine, Mensch und Tier, Wissenschaften und Künste, Gegenwart und Vergangenheit, Leben und Tod voneinander trennen. Während sich Tendenzen der Hybridisierung in so unterschiedlichen Bereichen der Gegenwartskultur manifestieren, entstehen gleichzeitig neue Grenzen. Zudem wird Hybridisierung verschieden wahrgenommen: einige meinen darin den bedauerlichen Verlust von Identitäten und von Diversität zu erkennen, andere versprechen sich davon einen Fortschritt. Das vierte Symposium der ARGE thematisiert sowohl steuerbare, induzierte Prozesse als auch Vorgänge, die vor dem Hintergrund normativer Trennungen neu konzeptualisiert werden. Bei beiden handelt es sich um Verschmelzungen, die einen Blick auf Grenz- und Zwischenräume eröffnen: zwischen Kulturen und Kulturräumen, zwischen Artefakten und Kunst- formen, zwischen Jugend- und Erwachsenenkultur, zwischen Disziplinen. Als Beispiele seien genannt: Inter- und Transdisziplinarität in der Wissenschaft und im Bildungssektor; Interkulturalität; Interferenzen künstlerischer Ausdrucksformen wie High-Pop, Mash-up, Trans-Art oder Bio-Art; Gattungswechsel; Körperüberschreitungen.
Aus wissenschaftstheoretischer und bildungspolitischer Sicht soll beleuchtet werden,wie die Interaktion wissenschaftlicher Fächer deren Fragestellungen und Methoden ver- ändert und neue Problemlösungszusammenhänge erschließt. Ebenso thematisiert werden multi-ethnische Stadträume, Transnationalität und Migration aus sozio-politischer, psychologischer sowie literatur- und sprachwissenschaftlicher Perspektive: Wie gestalten sich postkoloniale Diskurse in Hinblick auf interkulturelle Konfrontationen und Akkulturationsprozesse der Gegenwart? Wie spiegelt sich Hybridisierung in der Repräsentation des Anderen und in Fremdheitskonstruktionen wider?
Die kulturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Grenzen mimetischer Darstel- lung soll im Vergleich zu naturwissenschaftlichen und medizinischen Begrifflichkeiten und Verfahren positioniert werden. Insbesondere ins Auge gefasst werden Körperüberschreitungen (Cyborgs und künstliche Intelligenz, Nano- und Transplantationsmedizin, Body-Modification und Transgender, Nahtoderfahrung). Diese gehören längst nicht nur im Bereich der Fantastikforschung zu markanten Phänomenen der Gegenwartskultur; vielmehr enkodieren diese hybriden Körper tiefliegende gesellschaftliche Umwälzungen angesichts technischer und human-medizinischer Errungenschaften im Bereich sozialer Machtstrukturen, Geschlechterhierarchien und Centre-Margin-Konstellationen.
Hybridisierungen zwischen künstlerischen Gattungen lassen sich auf allen Ebenen fest- stellen: Die Aufführungspraxis zeitgenössischer Musik macht bei theatralen und musealen Raum- und Besucherkonstellationen Anleihen (Musiker bewegen sich im Raum, oder das Publikum durchschreitet Klangräume); visuelle Medien und Film, Tanz und Akrobatik vermischen sich mit dem Hörerlebnis, ähnlich wie das Sprechtheater andere Kunstformen integriert und Kultureinrichtungen spartenübergreifende Angebote machen. In all diesen Bereichen lassen sich mit dem Konzept der Hybridisierung vielfältigste Formen von Grenzüberschreitungen, Interferenzen und Interaktionen fassen.
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